Kaum zu glauben, aber wahr: In früheren Jahrhunderten konnten Tiere tatsächlich vor Gericht gestellt und verurteilt werden – ganz wie Menschen. Wenn sie jemanden verletzten, stahlen oder anderweitig auffällig wurden, landeten sie vor dem Richter. Heute wirkt das wie ein schlechter Witz, doch damals war es bitterer Ernst. Auf dem gezeigten Bild sieht man etwa, wie ein Schwein für seine Hinrichtung vorbereitet wird.

Bevor das 14. Jahrhundert anbrach, wurden Tiere, die als gefährlich oder störend galten, meist direkt getötet. Doch vom 14. bis ins 17. Jahrhundert griff man zunehmend auf juristische Verfahren zurück. Das Gesetz sollte für alle gelten – selbst für Tiere, die „Verbrechen“ begangen hatten.
Ob Hunde, Katzen, Pferde, Rinder, Schweine oder sogar Ratten und Insekten – wenn ihnen eine Straftat zur Last gelegt wurde, mussten sie sich vor Gericht verantworten. Erstaunlich dabei: Ihnen wurde oft sogar ein Verteidiger zur Seite gestellt. Was uns heute völlig absurd erscheint, war für die Menschen jener Zeit ein völlig normaler und ernsthafter Vorgang.
In den nächsten Abschnitten zeigen wir dir die verrücktesten Tierprozesse aus dem (Spät-)Mittelalter. Einige davon sind so skurril, dass man kaum glauben kann, dass sie wirklich passiert sind. Neugierig? Dann klick dich durch unsere Auswahl kurioser Fälle!
Ratten unter Anklage – und ein Anwalt mit Cleverness

Jeder kennt die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln – doch kaum jemand weiß, dass es im 16. Jahrhundert einen echten Anwalt gab, der Ratten vor Gericht verteidigte: Bartholomew Chassenée aus Frankreich. Er machte sich einen Namen, indem er in mehreren Prozessen als Verteidiger von Ratten auftrat – und das mit erstaunlichem Erfolg.
In einem besonders kuriosen Fall wurden Ratten beschuldigt, die Gerste eines ganzen Dorfes aufgefressen zu haben. Als sie zur Verhandlung nicht erschienen, fand Chassenée eine geniale Begründung: Die Tiere seien wahrscheinlich nie ordnungsgemäß vorgeladen worden, schließlich führten sie ein vagabundierendes Leben. Außerdem würden sie sich wegen der im Dorf lebenden Katzen nicht in die Nähe des Gerichts trauen.
Das Gericht musste einsehen, dass es keine Möglichkeit gab, die Angeklagten gefahrlos vorzuladen – und so blieb dem Richter nichts anderes übrig, als die Ratten freizusprechen.
Ehre für die Eselin – Ein Freispruch im 18. Jahrhundert

Tierprozesse hielten sich teils überraschend lange: Noch im Jahr 1750 kam es zu einem besonders bizarren Fall. Ein Mann und seine Eselin wurden wegen Sodomie angeklagt – mit der Folge, dass beide zunächst zum Tode verurteilt wurden.
Doch dann geschah das Unerwartete: Die Eselin wurde freigesprochen. Ausschlaggebend war die Aussage des örtlichen Priesters, der das Tier persönlich kannte. Er beschrieb sie als gut erzogen und bezeichnete sie sogar als „höchst ehrliche Kreatur“. Diese Fürsprache hatte Gewicht – und bewahrte die Eselin vor dem Galgen.
Kleine Angeklagte: Wenn Maikäfer vor Gericht standen

So unglaublich es klingt: Selbst Insekten mussten sich im Mittelalter vor Gericht verantworten. Im Jahr 1478 wurden in Bern Maikäfer angeklagt, weil sie die Ernte zerstört hatten.
Für den Prozess wurde sogar ein offizieller Prokurator beauftragt, der die Tiere aufforderte, vor Gericht zu erscheinen. Vor Ort nahm der Richter einige der Käfer in die Hand und sprach ein Urteil: Sie sollten das betroffene Gebiet verlassen.
Falls sich die Insekten an diese Anweisung hielten – umso besser. Wenn nicht, wurden sie feierlich verurteilt. Ein symbolischer Akt, der aus heutiger Sicht absurd wirkt, damals aber durchaus ernst gemeint war.
Schweine auf der Anklagebank – Wenn das Tier zum Täter wurde

Im Frankreich des späten Mittelalters wurden selbst Schweine nicht von der vollen Härte des Gesetzes verschont – besonders dann nicht, wenn sie als gefährlich galten.
So wurde im Jahr 1494 ein Schwein beschuldigt, ein Baby angegriffen und tödlich verletzt zu haben. Zeugenaussagen zufolge hatte das Tier nur darauf gewartet, dass alle das Haus verließen – dann sei es zur Wiege geeilt und habe dem Kind Gesicht und Hals zerfleischt. Das Gericht sprach das Schwein schuldig – und es wurde zum Tode durch den Galgen verurteilt.
Auch 1457 kam es zu einem skurrilen Prozess: Eine Muttersau wurde wegen Mordes angeklagt, gemeinsam mit ihren sechs Ferkeln, die man als „Mitverschwörer“ betrachtete. Während die Sau hingerichtet wurde, zeigte das Gericht Milde gegenüber den Ferkeln – sie wurden aufgrund ihres jungen Alters freigesprochen.